Positionspapier der Kommunalen Seniorenvertretung Münster (KSVM) zum gemeinschaftlichen Wohnen

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"Hier wird fröhlich Hand angelegt: Mitglieder der Hiltruper Wohngenossenschaft machen mit dem ersten Spatenstich den Weg frei zum Baubeginn ihres neuen Zuhauses am Franz-Dahlkamp-Weg".                                                       "Hier wird fröhlich Hand angelegt: Mitglieder der Hiltruper Wohngenossenschaft machen mit dem ersten Spatenstich den Weg frei zum Baubeginn

                                                        ihres neuen Zuhauses am Franz-Dahlkamp-Weg".

Die Kommunale Seniorenvertretung Münster (KSVM) unterstützt den Beschluss des Rates der Stadt Münster vom 9. Oktober 2019 „bei zukünftigen Baugebieten grundsätzlich einen wesentlichen Anteil der entstehenden Nettowohnfläche im Bereich der städtischen Mehrfamilienhausbebauung für die Realisierung gemeinschaftlicher, genossenschaftlicher oder inklusiver Wohnformen … zur Verfügung zu stellen“. Gemeinschaftliches Wohnen kann für Seniorinnen und Senioren eine Alternative für ein selbständiges Wohnen im Alter sein.

Die Kommunale Seniorenvertretung begrüßt in diesem Zusammenhang den Beschluss des Rates der Stadt Münster vom 9. Oktober 2019, das städtische Beratungsangebot durch die Koordinierungsstelle „Bauen und Wohnen in Gemeinschaft“ beim Amt für Wohnungswesen und Quartiersentwicklung der Stadt Münster zu erweitern und dafür im Haushalt der Stadt die entsprechenden Mittel zur Verfügung zu stellen.

„Im Gegensatz zu einer Nachbarschaft, die sich meist zufällig bildet, nehmen die Mitglieder von gemeinschaftlichen Wohnprojekten aktiv Einfluss auf die Zusammensetzung der Gruppe und erarbeiten ein Konzept, in dem sie sich über verbindliche Grundlagen und Regeln des Miteinanders verständigen“*.


„Gruppenorientierten Wohnprojekte sind eine wichtige Alternative zum anonymen Wohnen und setzen auf das Prinzip „Geben (wollen) und Nehmen (können)“. Darin unterscheiden sie sich vom Konzept des „Betreutes Wohnen“ für ältere Menschen, bei dem Dienstleistungen gegen Bezahlung zur Verfügung gestellt werden“*. „Gemeinschaftliches Wohnen kann ältere Menschen vor der Fremdbestimmung im Heim wie vor der Vereinsamung in der eigenen Wohnung bewahren“ **.


„Wichtige Merkmale gemeinschaftlicher Wohnprojekte sind insbesondere:

  • Selbstorganisation: Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen werden innerhalb der Gruppe geregelt. Bei der Verteilung der Aufgaben ergänzen sich die Interessen und Fähigkeiten der Bewohnerinnen und Bewohner.
  • Partizipation: Die Bewohnerinnen und Bewohner sind an der Projektentwicklung beteiligt und wirken bei der Planung, bei der baulichen Umsetzung und/oder in der Verwaltung mit.
  • Bürgerschaftliches Engagement: Viele Wohnprojekte suchen Kontakt zur Nachbarschaft im Quartier oder sind in Netzwerken aktiv“*.
  • „Identifikation: Die Bewohnerinnen und Bewohner neigen zu einem pfleglichen Umgang mit der Bausubstanz und dem Wohnumfeld des Gesamtprojektes“**.

Gemeinschaftliche Wohnprojekte zeichnen sich durch spezifische Qualitäten aus:

  • „baulich-räumlich durch Gemeinschaftsräume oder barrierefreies Bauen
  • sozial durch gegenseitige Hilfe, Integration benachteiligter Gruppen wie auch quartiersbezogene Angebote
  • ökologisch durch ressourcenschonendes Bauen
  • ökonomisch durch kostensparendes Bauen oder durch  gemeinsame Nutzung von Räumen und Gegenständen“*

Aus der Sicht der KSVM sind bei der Realisierung gemeinschaftlicher Wohnprojekte wichtige Kriterien:

  • „Das Gemeinschaftsleben darf nicht zum Zwang werden, da mit zunehmendem Alter der Gruppenmitglieder viele Aufgaben, die eine gemeinschaftliche Organisation des Alltagslebens mit sich bringt, nicht mehr so einfach zu bewältigen sind“**.
  • „Die Herausbildung eines baulichen Standards für Gruppenwohnprojekte. Dazu könnten Eckpunkte sein:
  • Jeder Haushalt erhält eine vollständige Zwei- oder Drei-Zimmer-Wohnung.
  • Die Gemeinschaftsräume werden so weit wie möglich auf der Grundfläche einer Wohnung erstellt und sind zu einer weiteren Wohnung rückbaubar“**.
  • „Die Privatheit der Gruppenmitglieder ist ein besonderer Wert und kommt in einer abgeschlossenen Wohnung mit eingerichteter Küche und eigenem Bad zum Ausdruck. Der Gemeinschaftsraum dient vor allem dem geselligen Beisammensein“**.

Als Rechtsform für gemeinschaftliche Wohnprojekte bietet sich aus Sicht der KSVM insbesondere die der eingetragenen Genossenschaft (eG) an.

 

Oftmals stellt für gemeinschaftliche Wohnprojekte der Erwerb eines passenden Grundstücks eine große Hürde dar. Die KSVM begrüßt deshalb, dass der Rat der Stadt Münster in seiner Sitzung am 9. Oktober 2019 beschlossen hat, städtische Grundstücke stärker im Wege des Erbbaurechts zu vergeben und in diesem Zusammenhang den Erbbauzins auf 2,5 v.H. und bei der Bebauung mit öffentlich geförderten Wohnungen für den Zeitraum der Mietpreis- und Belegungsbindung auf 1,5 v.H. zu senken.

Münster im November 2019

*) vgl. Helene Rettenbach: Gemeinschaftliches Wohnen – Eine Einführung, 2006.

**) vgl. Renate Narten: Wohnformen im Alter – Gemeinschaftliches Wohnen, 2006.